Es gibt verschiedene Arten der Meerschweinchenhaltung. Früher wurde in Meerschweinchenbüchern geschrieben, dass es möglich wäre sie auch einzeln zu halten oder mit einem Kaninchen. Diese Informationen ist schon längst veraltet und heute wissen wir, ein Meerschweinchen will NICHT allein sein! Und es will auch NICHT mit einem Kaninchen, Chinchilla oder Hamster zusammen leben.
Meerschweinchen sind Rudeltiere. Sie blühen in einen größeren Gruppe regelrecht auf, je mehr Tiere desto mehr Aktionen und Interaktionen kann man beobachten. Sie springen, sie freuen sich, popcornen, putzen einander, kuscheln zusammen, fressen zusammen, trauern zusammen... die Liste ist fortführbar und würde kein Ende nehmen. Wir haben also gelernt, ein Meerschweinchen braucht mindestens einen Partner. Doch welche Konstellation ist die Beste?
Die Duohaltung
Zwei Tiere sollte immer das Mindestmaß sein! Einzeltierhaltung ist ein NO-GO und ist aus tierschutzrechtlicher Sicht absolut nicht vertretbar.
(Die einzige Ausnahme die hier vertretbar ist, ist die Quarantäne. Aber auch hier sollte es möglich sein, dem Tier ein Partnertier zur Verfügung zustellen. )
In der Duohaltung gibt es auch einige Kombinationen in der man eine Konstellation bilden kann:
1. Früh/Kastrat + Mädel
Das kommt der "natürlichsten" Haltung noch am nächsten. In der Natur der Meerschweinchens besteht eine Sippe mindestens aus einem Bock und einer Schar Sauen. Da wird aber in Liebhaberhaltung auf Nachwuchs verzichten möchten, ist ein Kastrat die beste Wahl. Sucht man sich zwei Tiere aus, sollte man darauf achten, dass mindestens ein Tier das Alter von mindestens 8 Monaten oder besser 1 Jahr hat. Das Zweittier kann dann auch ein Jungtier sein.
Zwei Jungtiere allein haben kein Vorbild. Jungtiere bis zu einem Jahr müssen von ausgewachsenen Tieren lernen und sich Verhaltensweisen abgucken. Daher ist eine Kombination alt/jung in der Duohaltung vorzuziehen!
2. Kastrat + Kastrat
Wer keine "Haremshaltung" möchte, sondern lieber den Böckchen ein schönes Zuhause schenken möchte, wird sich an der Kombination 2er Kastraten sehr erfreuen. Unkastrierte Böcke ist eine für Anfänger ungeeignete Kombination. Böckchen, vor allem junge Tiere, kommen im Alter von 6 Monaten bis 1,5 Jahre in die sogenannte Rappelphase. Manche testen nur aus und schauen inwieweit sie ihren Rang beeinflussen können. Andere können dabei sogar bis auf Beißereien aus sein. Leider ist auch nicht vorhersehbar wie lange eine Böckchenduohaltung gut geht. Es kann die ersten 5 Jahre gut gehen... und dann plötzlich gibt es Krach ohne Grund. Verbissen, zerfleischt, total zerfetzt...
Um das zu verhindern ist die Konstellation 2er Kastraten die sinnvollste. Es hat auch nur Vorteile für den Besitzer. Kastraten sind oft ruhiger, verhalten sich anderen Böckchen gegenüber ruhig und weichen Streitereien aus. Es kommt in der Regel nie zu Rangstreitigkeiten mit Beißereien. Sollte es trotzdem vorkommen, dann kann man sehr schnell die Notbremse ziehen. Man hat die Möglichkeit die Kastraten zu trennen und kann quasi sofort je ein Mädchen dazusetzen, es gibt ja keine 6-wöchige Kastrationsfrist mehr, die man bei zwei Unkastrierten hätte.
=> Hat man zwei unkastrierte Böckchen sollte der erste Schritt sein, wenn sich diese nicht mehr vertragen, beide kastrieren zu lassen. Meist klappt es danach wieder, aber man benötigt Geduld.
Bis 10 Wochen nach der Kastration werden alle Resthormone abgebaut und die Tiere sind vom Hormonspiegel auf einem Level, dass sie anderen Böckchen gegenüber sich ruhiger verhalten. Man muss aber
wirklich schnell handeln, wartet man zulange, kann es böse ausgehen. Kleine Bisswunden sind oft schon das erste Indiz dafür, dass es Stress gibt. Wartet man bis es ernsthaft Krawall gibt, klappt
es später mit einer Wiedervergesellschaftung kaum noch.
Die Haremshaltung
Die nahezu natürlichste Haltung für Meerschweinchen ist die Haremshaltung. In dieser Haltungsform lebt ein Kastrat mit bis zu 4-5 Sauen in einer Gruppe. In der freien Natur lebt natürlich ein Bock mit einer Sippe Sauen zusammen. In unserer Liebhaberhaltung ersetzt ein Kastrat den Bock.. um Nachwuchs zu vermeiden ;)
Warum sollte ein Kastrat dabei sein? Eine reine Weiberhaltung ist absolut nicht zu empfehlen. Übernimmt eine Sau den Rang eines Bocks/Kastraten, ändert sich ihr Hormonhaushalt drastisch. Schlimmstenfalls kann diese dauerbrommselig werden. Es kann zu Ovarialzysten kommen, die der Sau auch je nach Größe oder Aktivität Schwierigkeiten bereiten können. Daher sollte so ein Zustand vermieden werden. Es ist ganz normal, dass eine Sau, wenn sie brünstig ist auch ihre Kolleginnen besteigt und wie ein Bock/Kastrat brommselnd durchs Gehege läuft. Da Sauen alle 14 Tage rum brünstig sind, ist dieses Verhalten auch kurzfristig in Ordnung. Normal schaltet sich dann aber auch der Kastrat ein :)
Diese Haltung ist geeignet für einen Kastraten bis 4-5 Mädels. Wenn es mehr Mädels sind, sollte man darüber nachdenken einen Zweitkastraten dazu zusetzen. Dann handelt es sich um die Mischgruppenhaltung.
Die Mischgruppenhaltung
Von einer Mischgruppenhaltung spricht man, wenn mehr als 1 Kastrat in einer Gruppe mit Mädels lebt. Diese Haltung entspricht nicht der natürlichsten Haltung, aber nachgewiesen funktioniert eine Gruppe auch mit mehreren Kastraten.
Aus eigener Erfahrung bevorzuge ich diese Haltung. Ob mit einem "Normal"-Kastraten und einem Frühkastraten oder mehreren "Normal/Spät" Kastraten. Ist die Gruppe groß genug, der Platz ausreichend, klappt so eine Konstellation super. Die Kastraten müssen die Möglichkeit haben sich aus dem Weg gehen zu können. Denn auch wie bei einer Jungsgruppenhaltung, kann es auch mal in einer Mischgruppe vorkommen, dass es Streitigkeiten gibt. Aber einer Gruppe 8 aufwärts ist auch mehr Aktion und Interaktion zu beobachten. Ist die Gruppe vom Alter her auch gut gestaffelt, wird es nie langweilig. Es sollte genug an älteren Tieren wie auch jüngeren Tieren geben. Untereinander organisieren sich die Tiere und bilden eine feste Rangfolge. Mit zunehmenden Alter ändert sich auch mal die Rangfolge, aber die Tiere bilden ein festes Gespann.
Für mich ist diese Haltung optimal, denn hier können Jungtiere aufwachsen, lernen soziales Verhalten innerhalb der Gruppe kennen. Ist die Gruppe ausgeglichen und sind Tiere dabei, die mit Lärm von verschiedenen Ursprüngen klar kommen, Menschenfreundlich sind und nicht scheu, so gewöhnen sich auch die Jungtiere rasch an ihre Umgebung. Im neuen Zuhause sind solche Tiere oft zutraulicher und ruhiger, denn sie wurden bereits früh sozialsiert.
Die reine Jungsgruppenhaltung(Kastraten!)
Seltener gibt es reine Jungsgruppen, also Kastratengruppen. Ich gebe an Liebhaber ausschließliche kastrierte Böcke ab, aus Tierschutzgründen und zum Schutz für die Jungs nicht als Wanderpokale zu enden.
Kastraten sind vom Verhalten wesentlich ruhiger wie unkastrierte Böcke. Für mich als Züchter ist es unumgänglich auch Böcke unkastriert zu halten, aber damit diese nicht allein leben haben sie entweder Früh oder "Normal" Kastraten bei sich sitzen.
Kastratengruppen können sehr gut klappen. Wachsen die Tiere sehr früh in einer solche Konstellation auf, bilden sie eine feste Rangfolge. Einer solchen Gruppe würde ich persönlich nur jüngere Kastraten oder Frühkastraten dabei setzen um zu verhindern, dass die Rangfolge groß verändert wird. Kastratengruppen sollten möglichst viel Platz und Raum haben sich auch aus Weg gehen zu können. Ich unterstütze jeden der eine solche Haltung haben möchte oder ausbauen möchte. Ich bin selber ein Bock/Kastrat Fan, denn oft sind es wirklich charakterliche Persönlichkeiten und in einer Gruppe vereint auch sehr schön anzuschauen!
Nun haben wir einige Konstellationen kennen gelernt die machbar sind für eine Meerschweinchenhaltung. Es gibt aber auch Haltungen, die nicht geeignet sie wie: 2+ mehr Sauenhaltung oder reine
unkastrierte Böckchenhaltung.
Es ist natürlich für mich als Züchter unumgänglich auch unkastrierte Böckchen zu halten. Aber auch aus Erfahrung kann ich nur dazu raten, wenn Böcke, dann bitte kastriert; wenn Sauen, dann bitte
mit Kastrat. Für welche Haltung man sich entscheidet, bleibt für jeden frei wählbar. Jede Haltung hat seine Vor aber auch Nachteile. Aber eines ist sicher: sich für eine Haltung mit
Meerschweinchen zu entscheiden bringt Freude und auch Glück ins Haus. Es sind sehr intelligente Wesen, sie lernen uns zu erziehen und uns an sie anzupassen. Natürlich sind sie auch von uns
abhängig und brauchen auch unsere Aufmerksamkeit. Es ist natürlich auch immer wieder ein Geduldspiel für den Besitzer, denn Meerschweinchen können auch einen Dickkopf haben. Meerschweinchen sind
keine reinen Beobachtungstiere, eignen sich aber auch nicht als reine "Kuschel" Tiere wie Hunde oder Katzen. Sie mögen beobachtet werden, einige Genossen lassen sich auch streicheln, andere
bleiben lieber auf Distanz.
Wenn Sie sich für die Haltung von Meerschweinchen interessieren und wissen möchten ob Meerschweinchen zu Ihnen und Ihrer Familie passt, fragen Sie doch bitte per Mail: reuschenberger_schnuten@live.de nach. Auch in einem persönlichen Gespräch hier vor Ort und Besuch der Tiere kann man sich davon
überzeugen ob die Meerschweinchenhaltung für die eigene Familie geeignet ist oder nicht.
Eines ist sicher. Meerschweinchen eigenen sich nicht als Kinderspielzeug!! Und sollten niemals angeschafft werden, nur um Kinder zu bespaßen. Es sind Lebewesen
die besondere Fürsorge brauchen und das jeden Tag. Es ist also unumgänglich, dass Sie als Elternteil sich um die Fürsorge der Tiere mit verantwortlich machen und in erster Linie auch die
verantwortungsvolle Person sind die sich die Tiere annimmt. Auch Kinder ändern ihre Meinung und irgendwann kann es passieren, dass anderes im Leben spannender ist als die Meerschweinchen.
Darunter darf die Versorgung der Tiere aber nicht leiden.
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